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Praktische Durchführung von Kalibrierung und Profilierung

Endlich sind wir in der Praxis angekommen, nachdem ich Sie in den vorigen Artikeln dieser Reihe mit trockener Theorie gequält habe. Aber Sie haben ja bestimmt schon bemerkt, dass man in diesem Fall ohne die Theorie nicht weit kommt.

Eignung des Monitors überprüfen

Man kann jeden Monitor kalibrieren und profilieren. Aber längst nicht jedes Modell ist dann auch für anspruchsvolle Bildbearbeitung zu empfehlen.

Ältere LCD-Monitore der unteren Preiskategorie, sogenannte Gaming-Monitore mit kurzer Reaktionszeit sowie die meisten etwas älteren Notebook-Displays arbeiten mit sogenannten TN-Panels; diese Panels waren billig herzustellen und galten für Büroanwendungen und Spiele als ausreichend leistungsfähig, haben jedoch eine stark blickwinkelabhängige Farb- und Kontrastwiedergabe. Ein Colorimeter kalibriert/profiliert nur das, was bei genau senkrechter Aufsicht angezeigt wird; schaut man später ein klein wenig von der Seite drauf, sieht man schon geringere Kontraste oder einen Farbstich. Für Bildbearbeitung sind Monitore mit TN-Panels also höchstens eine Notlösung.

Weit besser für Bildbearbeitung geeignet sind LCD-Monitore mit VA- oder IPS-Panels. Die sind heute zum Glück selbst in preiswerten Monitoren Standard und werden auch immer öfter in Notebooks verbaut.
Ebenfalls gut für Bildbearbeitung zu gebrauchen sind die neueren OLED-Monitore; die sind aber leider ein Stück teurer und lassen sich auch nur mit etwas besseren Colorimetern kalibrieren/profilieren – was dann nochmal ein Kostenfaktor sein kann.

Generell meiden sollte man Monitore mit automatischen Bildverbeserungsfunktionen (z. B. dynamischer Kontrast oder automatische Helligkeitsregelung). Zumindest müssen solche Funktionen komplett abschaltbar sein. Eine Kalibrierung/Profilierung kann ja nur stimmen, wenn der Monitor im Gebrauch stets dieselben Wiedergabeeigenschaften hat wie zum Zeitpunkt der Messung. Jede Automatik, die die Bildwiedergabe dynamisch anpasst, würde die Messung verfälschen oder das Ergebnis wertlos machen.

Kalibrierungs-Ziele festlegen

Einfache Kalibrierungs- und Profilierungsprogramme geben dem Anwender feste Werte für Weißpunkt und Tonwertkurve vor. Man nennt diese Werte auch Kalibrierungs-Ziele. Gängige Vorgaben sind 5000 oder 6500 Kelvin für den Weißpunkt und ein Gammawert von 2,2 als Tonwertkurve. Für die Bedürfnisse von Hobbyfotografen ist eine solche Festlegung in der Regel kein großer Nachteil.
Bessere Kalibrierungsprogramme bieten mehr Einstellmöglichkeiten; man kann dort Farbtemperatur, Helligkeit und Tonwertkurve/Gamma (sowie etliche weitere/feinere Parameter) selber vorgeben.

Wenn Sie einen ersten Anhaltspunkt für eigene Einstellungen brauchen: Ich empfehle 5800 oder 6500 Kelvin (das passt ungefähr zu einem mittleren Tageslicht) und ein Gamma von 2,2 (das entspricht in etwa der Helligkeitsverteilung von sRGB und AdobeRGB).

Wenn Ihr Monitor bisher auf eine sehr kalte Farbtemperatur eingestellt war, wo das neutrale Grau in Tageslichtumgebungen schon fast bläulich wirkt (ältere Billigmonitore sind ab Werk manchmal auf 8000 K und mehr eingestellt), werden Ihnen die Farben z. B. bei 5800 K zunächst zu warm vorkommen. Das ist aber reine Gewohnheit; nach ein paar Tagen empfinden Sie das wärmere Bild als normal. Auf Dauer schont die wärmere Abstimmung sogar Ihre Augen, weil Sie sich nicht permanent zwischen der wärmeren Umgebungsbeleuchtung und dem kühleren Monitor umstellen müssen.
Andererseits können an Billigmonitoren leichter Probleme mit Tonwertabrissen (Banding) auftreten. Dann wäre zu überlegen, ob man sich lieber mit der kühlen Farbtemperatur anfreundet und auf den "nativen" Weißpunkt kalibriert – also die eigentliche Farbtemperatur gar nicht umkalibriert.

Der Gammawert wird übrigens, anders als die Farbtemperatur, vom Farbmanagement permanent angepasst. Sobald Sie eine Software verwenden, die Farbmanagement unterstützt, ist es theoretisch egal, auf welche Tonwertkurve Sie kalibriert hatten. Auch wenn Sie später einen Arbeitsfarbraum mit z. B. Gamma 1,8 verwenden wollen, können Sie ruhig auf Gamma 2,2 kalibrieren, so dass die Helligkeitsverteilung üblicher sRGB-Bilder auch in Programmen ohne Farbmanagement (Browser, Textverarbeitung etc.) einigermaßen stimmt.

Ein weiteres Kalibrierungsziel ist die Helligkeit. Wie hell man den Monitor insgesamt einstellen soll, muss man vor Ort ausprobieren: Je heller die Umgebungsbeleuchtung ist, desto heller sollte auch das Monitorbild leuchten. In hellen Räumen kann ein Wert von 200 cd/m² oder mehr nötig sein, während in dunklen Räumen 60 bis 80 cd/m² gerade richtig sein könnten. Aber wenn die Helligkeit der Umgebungsbeleuchtung schwankt, sind auch diese Überlegungen hinfällig; dann muss man mit Kompromissen leben.
Manchmal werden feste Normwerte wie z. B. 120 cd/m² als Nonplusultra empfohlen, aber das beruht wohl auf einem Missverständnis (weil es entsprechende Standards für Arbeitsräume gibt). Es hat überhaupt keinen Sinn, den Monitor unabhängig vom Umgebungslicht immer stur auf eine bestimmte Helligkeit einzustellen.

Ablauf der Prozedur

Die eigentliche Abwicklung von Kalibrierung und Profilierung erledigt die Software fast von allein. Der Nutzer wird an einem bestimmten Punkt aufgefordert, das Messgerät auf dem Monitor zu platzieren. Manche Kalibrierungsprogramme ermöglichen dann noch eine messtechnisch gestützte Voreinstellung mit Hilfe der Regler am Monitor. Das betrifft insbesondere die Helligkeit und manchmal auch die Farbtemperatur.

Anschließend wird eine lange Abfolge von Farbflächen angezeigt und automatisch vermessen. Je nach Komplexität der Software und je nach Lesegeschwindigkeit des Colorimeters dauert das zwischen zehn Minuten und mehreren Stunden. (Je mehr Felder vermessen werden und je mehr Kontrolldurchgänge stattfinden, desto genauer wird das Profil.)

Am besten sorgen Sie während der Messungen für gedämpftes Licht, damit kein Streulicht die Messung beeinflussen kann. Falls Ihr Messgerät auch die Helligkeit der Raumbeleuchtung messen kann (das können nur die, die hierfür einen Zusatzsensor haben), müssen Sie während der Raumlicht-Messung das Raumlicht wieder kurz anschalten. Wirklich sinnvoll ist diese Messung nur bei konstantem Licht. Andernfalls empfehle ich, die Raumlicht-Messung ganz zu deaktivieren. (Es wäre ja dann nur Zufall, welches Licht während der Messung gerade herrscht.)

Kalibrierung und Profilierung werden von den meisten Programmen "in einem Rutsch" durchgeführt. Man kann oft nicht sagen, welche Messungen der Kalibrierung dienen und welche der Profilierung. Das kann Ihnen auch egal sein. Hauptsache ist, dass am Ende der Prozedur beides erledigt ist: Ihr Monitor ist auf die eingestellten Kalibrierungs-Ziele kalibriert, und es wurde ein Monitorprofil im Betriebssystem hinterlegt.

Interne Umsetzung

Nur speziell ausgestattete und entsprechend teure Grafik-Monitore ermöglichen eine Hardware-Kalibrierung: Hier sendet die Kalibrierungssoftware die nötigen Einstellungen direkt an den Monitor und speichert sie dort. Für Hardware-Kalibrierung ist eine spezielle Software des jeweiligen Monitorherstellers nötig; die Standardprogramme, die den Colorimetern beiliegen, können es nicht. Auch die freie Software DisplayCal beherrscht keine Hardwarekalibrierung.
Monitore mit Hardware-Kalibrierung sind zwar mit den Jahren erschwinglicher geworden, aber immer noch die Ausnahme; die allermeisten Monitore haben diese Fähigkeit nicht.

Im Normalfall wird eine Software-Kalibrierung gemacht: Es werden Kalibrierungsdaten in den Speicher (LUT) der Grafikkarte geschrieben. Das muss nach jedem Systemstart neu geschehen, und zwar entweder direkt durch eine Funktion des Betriebssystems oder durch ein Hilfsprogramm (Loader) im Autostart.
Wenn die Kalibrierung nicht zu nah an den nativen Werten des Monitors liegt, sieht man mit bloßem Auge, wann die Farben "umschalten" und somit die Kalibrierung wirksam wird.

Die Kalibrierungsdaten, die der Loader in den Speicher der Grafikkarte schreiben soll, sind im Fall der Softwarekalibrierung als Zusatzdaten mit im Monitorprofil gespeichert. An dieser Stelle kommen Profilierung und Kalibrierung also doch wieder zusammen, und das hat auch einen gewissen Sinn: Das Profil baut ja auf der bereits kalibrierten Monitordarstellung auf. Also kann das Profil nur korrekt angewendet werden, wenn vorher auch die Kalibrierung wirksam wurde. Falls das Monitorprofil versehentlich gelöscht oder ersetzt wird, funktioniert daher auch die Kalibrierung nicht mehr. Aber beides bleiben technisch getrennte Vorgänge – und erst mit Anwendung von Farbmanagement unter Verwendung der Profildaten wird die Farbdarstellung wirklich korrekt.

Letzteres gilt übrigens auch im Fall der Hardwarekalibrierung. Hier entfällt zwar das Schreiben von Kalibrierungsdaten in die Grafikkarten-LUT, aber die Nutzung des Profils durch das Farbmanagement der Anwendungsprogramme bleibt genau dieselbe.

Wenn Sie kontrollieren möchten, ob das Monitorprofil korrekt eingebunden wurde, schauen Sie in der Systemsteuerung des Betriebssystems nach: Unter Windows 10 finden Sie das Monitorprofil in der sogenannten Farbverwaltung. Unter macOS finden Sie es unter ColorSync.

Die meisten heutigen Programme, soweit sie Farbmanagement unterstützen, benutzen von sich aus das System-Monitorprofil. Nur in wenigen Programmen muss man das Monitorprofil noch irgendwo im Menü manuell angeben. (Bitte verwechseln Sie nicht das Monitorprofil mit dem standardmäßigen RGB-Arbeitsfarbraum-Profil, das sich in vielen Anwendungen einstellen lässt. An dieser Stelle hat das Monitorprofil nämlich nichts zu suchen.)

Wenn Kalibrierung und Profilierung abgeschlossen sind, werden Bilder innerhalb von Programmen, die Farbmanagement unterstützen, im Rahmen des technisch Möglichen korrekt angezeigt. Sie werden also so angezeigt, wie die Definition ihres Arbeitsfarbraumes es vorsieht. Die Darstellung erfolgt stets relativ zum Weißpunkt des Monitors, nicht absolut.

Autor: Andreas Beitinger
Letzte Änderung: Januar 2022
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