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Spiegelschlag und Spiegelvorauslösung

(Dieser Artikel beruht auf meinem D70/D200-Vergleich aus dem Jahr 2006.)

Spiegelreflexkameras leiden prinzipbedingt beim Auslösen unter Erschütterungen, die durch das Hochklappen des Spiegels hervorgerufen werden. Bei Aufnahmen vom Stativ kann dieser Spiegelschlag eine Verwacklung der Aufnahme verursachen. Als Abhilfe bieten einige Kameras eine Spiegelvorauslösung an; sie klappt den Spiegel schon einige Zeit vor der eigentlichen Aufnahme hoch, so dass die Kamera auf dem Stativ ausschwingen kann und die eigentliche Aufnahme dann scharf ist.

Es gibt verschiedene Ausführungen der Spiegelvorauslösung: Manche arbeiten mit festen Pausen von 0,4 Sekunden bis 2 Sekunden, andere klappen den Spiegel beim ersten Drücken des Auslösers hoch und lösen erst beim zweiten Drücken aus - überlassen die Länge der Pause also dem Fotografen. In diesem Test soll geklärt werden, wie wirkungsvoll diese Varianten sind und wann eine Spiegelvorauslösung überhaupt gebraucht wird.

Theorie der Spiegel-Verwacklung

Es gibt besonders kritische Belichtungszeiten, wo die Verwacklung am stärksten sichtbar wird. Bei kürzeren Zeiten kommt es erst gar nicht zur Verwacklung (da würde man auch freihändig nicht verwackeln), und bei längeren Zeiten liegt der Großteil der Belichtung in der Zeit nach dem Ausschwingen, so dass das Bild insgeamt scharf bleibt.

Wo die besonders kritischen Belichtungszeiten liegen, kann man nicht pauschal sagen. Das hängt von Stativ, Stativkopf, Kameragehäuse und Objektiv ab. Eine Rolle spielen Gewicht und Schwingungseigenschaften des Stativs, das Gesamtgewicht aus Kamera und Objektiv sowie die Gewichtsverteilung.

Klar ist, dass leichte Stative mit starker Schwingungsneigung eine stärkere Spiegelverwacklung ermöglichen als schwere Stative mit geringer Schwingungsneigung. Ebenso klar ist, dass schwere Kamera-Objektiv-Kombinationen aufgrund der Massenträgkeit weniger Spiegelverwacklung zulassen als leichte Kameras mit leichten Objektiven.

Jede Verwacklung (egal welcher Ursache) wirkt sich am stärksten bei Verwendung langer Brennweiten aus. Daher wird auch eine Spiegelverwacklung eher bei langen Brennweiten auftreten.

Versuchsaufbau

Testkamera war eine Nikon D200 mit einem 4-5,6/70-300 G bei 300 mm Brennweite und Blende 11. Die Kamera wurde auf ein feingliedriges Testmotiv ausgerichtet und stand auf Zeitautomatik. Die Helligkeit der Beleuchtung wurde durch Variieren des Lampenabstandes schrittweise so geändert, daß sich eine Belichtungszeiten-Reihe ergab. Der Ablauf wurde mit den drei möglichen Einstellungen der Kamera durchgeführt: Ohne Spiegelvorauslösung, mit 0,4 Sekunden Spiegelvorauslösung und mit mehrsekündiger Spiegelvorauslösung. Ausgelöst wurde stets per Kabel.

Die verwendeten Stative waren ein Manfrotto 055 Triminor mit 352 RC Kugelkopf (zusammen ca. 3 kg) sowie ein dünnbeiniges NoName-Stativ mit Alu-Kugelkopf (zusammen ca. 0,6 kg). Dies ermöglicht den direkten Vergleich zwischen einem soliden Mittelklasse-Stativ und einem Billigstativ. Tatsächlich war das hier verwendete NoName-Stativ so wackelig, dass sich bei der geringsten Berührung der Kamera der Bildausschnitt etwas änderte. In der Praxis würde man die teure Kamera so einem Stativ wohl nicht anvertrauen, aber es ging ja um den Extremvergleich.

Ergebnisse

Auf dem Manfrotto-Stativ trat die stärkste Spiegelverwacklung bei 1/50 Sekunde Belichtungszeit auf. Die Spiegelvorauslösung konnte diese Verwacklung vollständig eliminieren. Es spielte hierbei keine Rolle, ob die 0,4-Sekunden-SVA oder eine mehrsekündige SVA zum Einsatz kam; die Ergebnisse waren völlig identisch (weshalb ich hier nur eines davon zeige).

Ohne Spiegelvorauslösung sind die Bilder bis etwa 1/200 Sekunde und dann wieder ab ca. 2 Sekunden perfekt scharf.

Auf dem leichten NoName-Stativ ergab sich als kritischste Belichtungszeit 1/8 Sekunde. Bereits die 0,4-Sekunden-SVA behob einen Großteil der Verwacklung, aber erst mit einer mehrsekündigen SVA wurde das Bild perfekt scharf. Das leichte Stativ schwingt offenbar so lang nach, dass 0,4 Sekunden Pause noch nicht ganz ausreichend sind.

Ohne SVA sind auf dem Wackelstativ nur Bilder mit 1/250 Sekunde oder kürzer richtig scharf.

Fairerweise sollte man darauf hinweisen, dass diese Beispiele zur Verdeutlichung der Unterschiede kontrastgespreizt und auf 200 % hochgerechnet wurden. (Zum Vergleich: Auf einem 19"-Monitor sind die Beispiele ca. 11 cm breit. Das entspricht einer Vergrößerung des Gesamtbildes auf über 2 Meter Breite!) In diesem Test werden also sehr feine Unterschiede sichtbar gemacht, die man normalerweise noch nicht wahrnehmen würde. Speziell der Unterschied zwischen 0,4-sekündiger und mehrsekündiger SVA im zweiten Beispiel dürfte in der Praxis fast keine Rolle spielen.

Fazit

Der prinzipielle Nutzen einer Spiegelvorauslösung wurde in diesem Test eindeutig belegt. Aufnahmen mit langer Brennweite vom Stativ können bei bestimmten kritischen Belichtungszeiten etwas verwackeln, und eine Spiegelvorauslösung kann diese Verwacklung vollständig eliminieren. Besitzt man eine Kamera mit SVA, kann es nicht schaden, diese vorsoglich für alle Stativaufnahmen zu aktivieren.

Wird ein solides Stativ benutzt, wird die mögliche Verwacklung aber nur einen sehr kleinen Teil der Bilder im Alltag eines Hobbyfotografen betreffen. Viele Fotografen können glaubhaft von sich sagen, die SVA noch nie gebraucht zu haben. Wer selten oder nie ein Stativ benutzt, braucht die SVA sowieso nicht. SVA muss also nicht für jedermann wichtig sein.

Besonders deutlich wird der Nutzen der SVA, wenn ein weniger stabiles Stativ zum Einsatz kommt. Es muss nicht gleich ein ausgesprochenes Wackelstativ sein wie in diesem Test, aber manche Fotografen benutzen auf (Fuß-)Reisen gern ein leichteres Stativ. Die Spiegelvorauslösung ermöglicht auch mit leichten Stativen perfekt scharfe Aufnahmen und kann daher in bestimmten Fällen das Schleppen eines schwereren Stativs überflüssig machen.

Der Schärfe-Unterschied zwischen einer 0,4-Sekunden-SVA und einer "echten" mehrsekündigen SVA ist auf einem stabilen Stativ nicht erkennbar und selbst auf einem Wackelstativ erstaunlich gering. Die 0,4-sekündige Vorauslösung reicht also in der Regel aus.

Autor: Andreas Beitinger
Letzte Änderung: März 2009
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